1mGesprach beim Mittagessen entdeckten zwei renommierte Historiker,
1mGesprach beim Mittagessen entdeckten zwei renommierte Historiker,
daBsie Quellen zum selben Florentiner Kriminalfall gefunden hatten,
der eine die Predella des Stihnealtarsmit der Moritat in neunkleinen
Gemalden, der andere einschlagige Texte der zustandigen Bruderschaft.
Daraus entstand ein 1998veroffentlichtergemeinsamer Aufsatz, der auf
groBes Interesse stieBund daher jetzt aufwendig illustriert und mit einem
Anhang samtlicher Quellen im Originaltext und in englischer
Ubersetzung als Buch veroffentlicht wird. Am 11.Juli 1501 verlieBder
tibel beleumundete Antonio Rinaldeschi nach erheblichen Spielverlusten
fluchend seine Kneipe und bewarf das Fresko der Madonna de’
Ricci nahebei wtitend mit Pferdeapfeln. Nach einigen Tagen aufgegriffen,
wobei er einen Selbstmordversuch untemahm, wurde er yon den
Otto di Guardia verhi)rt,zum Tode verurteilt und nach der Beichte noch
in der Nacht gehangt, urn Lynchjustiz zu venneiden. Das geschandete
Madonnenbild wurde umgehend Gegenstand besonderer Verehrung;
die Errichtung einer Kapelle folgte. Samtliche Details der Angelegenheit
werden genau untersucht, wobei sich herausstellt, daB weder
Glticksspiel,noch versuchter Selbstmord, noch Blasphemie tiberall und
injedem Fall als todeswtirdige Verbrechengalten, auch wenn es an einschlagigen
Bestimmungen gegen Lasterer nicht fehlte.Aber Florenz befand
sich in jenem Jahr in einer kurzen Phase neo-savonarolianischer
Erregung; auBerdemhatte die damalige italienische Volksfrommigkeit
insgesamt eine besondere Empfindlichkeitim Umgang mit Kultbildem
entwickelt. Darum muBteRinaldeschi sterben. Das Buch ist ein mikrohistorisches
Kabinettsttick, das einen eng begrenzten, aber hoch intensiven
Einblick in das Leben und Sterben im damaligen Florenz gestattet.
Historiker soIlten ofter zusammen essen gehen!
Data recensione: 19/10/2006
Testata Giornalistica: Historische Zeitschr
Autore: ––